"Jetzt nicht": Studieren mit Kind in Zeiten von Coronavirus

Lesen Sie hier einen Beitrag von Helen Groumas, Studentin der Logopädie (B.Sc.) im 4. Semester.

Studieren mit Kind ist jedes Jahr bei den Interessent*innen für die Studiengänge an der IB Hochschule ein großes Thema. Das Hochschulteam berät im Punkt der Vereinbarkeit mit der Familie besonders intensiv und vermittelt bei Bedarf auch an Studierende mit Kind, die einige Zeit zuvor vor der gleichen Frage standen „Studieren mit Kind- schaffe ich das“?

Diese Frage stellt sich in der aktuellen Situation der Corona-Krise besonders schwer für Eltern dar, die gleichzeitig die Umsetzung auf das online Studieren und aufgrund von Kitaschließungen und Homeschooling die Kinderbetreuung managen.

Das Präsidium hat angefragt, bei Studierenden mit Kind in den Vollzeitstudiengängen. Lesen Sie hier einen Beitrag von Helen Groumas, Studentin der Logopädie (B.Sc.) im 4. Semester.

Seit den COVID-19 bedingten Ausgangssperren kursiert ein Meme in den sozialen Medien, das ich von berufstätigen Müttern bekommen habe. Es ist ein Bild auf einem Türzettel worauf steht:

Mama ist in einer Besprechung: Betreten verboten.Die Antwort auf deine Frage könnte hier stehen: "oben" "in der Wäsche" "Ich weiß nicht, was es zum Abendessen gibt" "nein","in deinem Zimmer""ein Stück Obst".

Bei uns zu Hause gibt es keine räumliche Trennung. Auf einem Türzettel würde so was stehen: "Bitte keine Fragen stellen, wenn ich 'jetzt nicht' sage."

Seit der Schulschließung im März verbringen mein zwölfjähriger Sohn, Leonidas, und ich unseren Alltag zusammen in dem Wohnzimmer unserer relativ kleinen Wohnung. Auf eigenen Wunsch verlegte er vor ein paar Wochen seinen Lernort von seinem Zimmer ins Wohnzimmer. Er meinte, er lasse sich zu schnell ablenken, wenn jemand nicht über seine Schulter guckt.

Zum Glück geht mein Mann noch täglich ins Büro, sonst würde es ganz schön eng in unserer kleinen Wohnung werden.

Ich studiere Logopädie im vierten Semester an der IB Hochschule in Berlin. Meine Lehrveranstaltungen dieses Semester finden live online statt. Leonidas, der auf die sechste Klasse geht, sitzt mir gegenüber und erledigt gleichzeitig seine Schulaufgaben. Er bekommt jeden Montag einen gut strukturierten Wochenplan. Dennoch tauchen im Alltag viele Fragen auf: Was bedeutet diese Anweisung? Wo ist die Datei mit den Aufgaben? Wie öffne ich diese Datei? Wann habe ich wieder ein Zoom-Meeting mit meinem Lehrer? Wo ist die Schere? Für solche Fragen gibt es keine Standardantwort.

Ich stehe mitten in meinen Lehrveranstaltungen auf und helfe meinem Sohn. Manchmal nehme ich es gelassen, aber an manchen Tagen stressen mich die Unterbrechungen. Dann muss ich die "Jetzt-nicht-Notbremse" ziehen.

Der Unialltag ist viel anstrengender, obwohl ich die Zeit zu Hause verbringe und keine Fahrzeiten oder Vorbereitung für den Tag habe. Ich schaffe weniger. Auch, wenn meine Familie für Heimarbeit gut aufgestellt ist, wird der Mangel an sozialen Interaktionen im Alltag nicht dadurch kompensiert.

Wir haben trotzdem Spaß. Es ist nicht alles Frust und Stress. Das einzige, was gegen den neuen Alltagsstress wirkt: die Situation akzeptierten, wie sie ist. Ansprüche runter schrauben – anders geht es nicht. Wir können nicht alles machen. Eltern sind keine Lehrer. Eltern können die Freundschaften nicht ersetzen.Wenn's kracht, dann versuchen wir eine Pause einzulegen – nichts erzwingen. Es ist eine ungewöhnliche Situation. Zum Glück haben alle in unserem Umfeld Verständnis für einander – Eltern, Lehrer/Innen an der Schule und Lehrkräfte an der Hochschule. Es hilft zu wissen, dass wir alle in einem Boot sitzen.

Helen Groumas,

Studentin Logopädie (B.Sc.) am Studienzentrum Berlin